Forensische Psychiatrie
Unsere Klinik behandelt im Rahmen der Forensischen Psychiatrie Patienten, die auf der Rechtsgrundlage des §63 StGB (Strafgesetzbuch) untergebracht sind und weit fortgeschrittene Behandlungserfolge vorweisen können, so dass besondere Sicherungsmaßnahmen nicht mehr erforderlich sind. Üblicherweise erfolgt die Vorbehandlung in anderen Kliniken des LWL-PsychiatrieVerbundes Westfalen, die entsprechende höher zu sichernde Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen der forensischen Psychiatrie vorhalten.
Die Rahmenbedingungen werden durch das StrUG NRW (Strafrechtsbezogenes Unterbringungsgesetz NRW) gesetzt. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit den anderen Maßregelvollzugskliniken des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) sowie mit den übergeordneten Abteilungen.
Es werden im Allgemeinen nur Patienten mit der Diagnose einer schizophrenen Psychose (ICD10: F20) aufgenommen. Im Einzelfall prüfen wir allerdings eine Indikation. Streng ausgenommen von der Behandlung sind Patienten mit schweren Persönlichkeitsstörungen, insbesondere Störungen der Sexualpräferenz (sog. Paraphilien, insbesondere Pädophilien).
Diagnostik
In der Regel wurde bereits im Vorfeld in anderen Kliniken eine umfangreiche Diagnostik durchgeführt, so dass hier nur noch eine Überprüfung und ggf. Ergänzung notwendig ist. Für die weitere Behandlung werden alle für den jeweiligen Patienten verfügbaren Unterlagen herangezogen.
Therapie
Wir arbeiten nach einem multimodalen Therapiekonzept (biologisch/psychologisch/sozial). Folgende Bausteine sind hierbei von zentraler Bedeutung:
- Die Bearbeitung des individuellen Deliktgeschehens mit seinen krankheitsbedingten, aber auch psychodynamischen Facetten in entsprechenden psychotherapeutischen Gruppen und Einzeltherapien ist zentraler Bestandteil der Maßregelvollzugsbehandlung. Grundsätzlich steht fest, dass ohne eine Delikteinsicht und entsprechende Haltung gegenüber den Opfern nur in sehr seltenen Fällen von einer gelungenen Behandlung auszugehen ist. Dies kann im Einzelfall ein sehr langwieriger Prozess sein, welcher ein zentrales Element der gesamten Maßregelvollzugsbehandlung ist.
- Aufgrund der Diagnose (Schizophrenie) ist im Regelfall von einer medikamentösen Dauerbehandlung auszugehen. Ein Therapieziel ist es daher, eine entsprechende Behandlungseinsicht und Einsicht in die Notwendigkeit einer dauerhaften Medikamentenbehandlung zu erreichen, d.h. eine verordnete Medikamenteneinnehme streng einzuhalten. Dies geschieht u.a. durch verschiedene Behandlungselemente in psychoedukativen Gruppen.
- Nach der Entlassung des Patienten aus der stationären Maßregelvollzugsbehandlung ist ein entsprechender sozialer Empfangs- bzw. Lebensraum notwendig. Dieser kann unterschiedlich aussehen und muss individuell sowie unter multiprofessionellem Einsatz ausgestaltet werden - insbesondere unter Beteiligung sozialarbeiterischer und pflegerischer Kompetenzen. Dies gilt auch für Patienten, welche aus verschiedensten Gründen nicht mehr in das aktive Arbeitsleben integriert werden können. Für diese Menschen ist es unerlässlich, eine aus sozialpsychiatrischer Sicht sinnvolle Gestaltung der Freizeit (im sog. dritten Lebensraum) zu erarbeiten, die dauerhaft tragfähig ist.
- Die Kompetenzen des Patienten im Alltagsbereich zu fördern, ist ein weiterer zentraler Bestandteil der Behandlung. In verschiedenen Gruppenangeboten wie z.B. Kochgruppen, Waschtraining, Einkaufstraining werden diese Kompetenzen vor allem durch das Pflegepersonal geschult.
- Im Rahmen der allgemeinen körperlichen und seelischen Stabilisierung ist es zusätzlich notwendig, geeignete Sportangebote in den Behandlungsplan einzubauen. Auch vor dem Hintergrund nicht unerheblicher stoffwechselbedingter Probleme vieler Patienten ist dies unerlässlich.
Angebote
Vollstationäre Therapie
Derzeit ist die Forensische Psychiatrie noch in einer Station zur Behandlung von schizophren erkrankten Menschen ohne weitere Straffälligkeit integriert. Im Rahmen der weiteren Umbaumaßnahmen wird allerdings künftig ein eigener Behandlungsbereich geschaffen werden. Dieser ist für 14 Patienten vorgesehen und wird vielfältige Möglichkeiten psychiatrisch-rehabilitativer Arbeit bieten. Anders als in der Allgemeinpsychiatrie sind Patienten des Maßregelvollzugs für lange Zeit, meistens über Jahre hinweg in stationärer Behandlung. Hier ist also nicht von einem zeitweisen Krankenaufenthalt die Rede. Vielmehr muss sich der Patient auf einen längeren Lebensabschnitt mit eigenem Lebensraum einstellen. Dementsprechend besteht für die Patienten die Möglichkeit, auf der Station ihr persönliches Umfeld einzurichten.
Forensische Nachsorgeambulanz
Nach bedingter Entlassung aus dem Maßregelvollzug wird der Patient noch über längere Zeit, meistens für fünf Jahre, über die Forensische Nachsorgeambulanz (FNA) ambulant weiter betreut. Dies ist üblicherweise Teil der gerichtlichen Weisungen bei Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung. Die FNA ist integraler Bestandteil des Behandlungskonzepts und wird ärztlich, pflegerisch und sozialarbeiterisch mit dem gleichen Personal des stationären Bereichs geführt.
Eine direkte Aufnahme von Patienten aus anderen Kliniken in die FNA ist möglich. Eine Behandlung von haftentlassenen Straftätern im Rahmen einer Gerichtsauflage ist nicht möglich.
Die FNA ist eingebettet in das Risikokontrollmanagement des LWL.
Gutachtenstelle
Die Forensische Psychiatrie ist als Gutachtenstelle des LWL-Universitätsklinikums Bochum ausgewiesen und erstellt jegliche Art fachpsychiatrischer Gutachten, u.a. Gutachten zur Schuldfähigkeit, Gutachten zur Prognose, Betreuungsgutachten im Sinne des BGB, Gutachten im Bereich sozialrechtlicher Fragestellungen (z.B. Rentenangelegenheiten, Berufsunfähigkeit, Ehefähigkeit, Geschäfts-, Prozess- und Testierfähigkeit und Begutachtungen nach dem Transsexuellengesetz) und verkehrsmedizinische Gutachten.