Wenn Kunsttherapie heilen hilft
Yuliia Melnychenko stellt Bilder kriegstraumatisierter Kinder aus und hospitiert im Klinikum
Nachrichten aus Kriegsgebieten machen immer betroffen. Das Leid der Menschen ist unerträglich. Vor allem Kinder müssen in ihrem jungen Leben unfassbar viel Trauriges erleben. Das besondere Engagement einer Ukrainerin, die in Bochum derzeit noch Kinderbilder ausstellt und in unserem Klinikum in kunsttherapeutischen Gruppen hospitierte, ist bemerkenswert.
Einen Krieg zu erleben und zu überleben, gehört zu den schlimmsten Grenzerfahrungen eines Menschen und hinterlässt tiefe Wunden in der Seele. Nicht nur bei den Soldaten an der Front, sondern auch bei den Zivilist:innen. Dazu zählen neben den älteren Menschen und den Ehefrauen auch die Kinder und Jugendlichen. Sie sind die jüngsten Betroffenen und leiden schwer, haben noch keine Resilienzen entwickelt und den Kriegsgräueln noch nicht viel entgegenzusetzen. Ein kunsttherapeutisches Projekt von Yuliia Melnychenko in einem Vorort von Kiew, wo sie im Zentrum für Kinder- und Jugendentwicklung "Apelsin Plus" arbeitet, zeigt, dass kriegstraumatisierte Kinder wieder lernen können, Farben zu sehen. Die Ergebnisse sind noch bis Ende Juli in in der Universitätsbibliothek Bochum zu sehen. Die Ausstellung trägt den Titel „Farbe für eine graue Welt. Kunsttherapie mit traumatisierten Kindern“. Möglich gemacht hatten dies Prof. Stephan Herpertz, ehemaliger Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, und die Psychologische Psychotherapeutin Nataliya Kiekenbeck, Mitarbeiterin des LWL-Universitätsklinikums.
Nataliya Kiekenbeck war es dann auch, die für ihre Landsmännin einige Hospitationen in der Kunsttherapie der Klinik organisierte, sie dabei begleitete und für die Übersetzung sorgte. Zusammen mit einer Patient:innengruppe ließ sich Melnychenko einige Fertigkeiten zeigen, die sie auch in ihrer Heimat umsetzen möchte: Malübungen zum Beispiel, die dazu dienen, miteinander leicht ins Gespräch zu kommen, wie die Kritzel-Knäuel-Übung, kurz: „Squiggle“, was soviel heißt wie Kringel oder Schnörkel. „Die Übertragung des eigenen Kummers auf Papier“, so erklärt es Kunsttherapeutin Barbara Domnik, „indem man malt, wenn Worte fehlen.“ So malen die Patient:innen nacheinander ihr jeweiliges Squiggle für den nächsten Teilnehmenden der Gruppe. So kommen mehrere Squiggles zustande, und am Ende sucht sich jede:r ein Bild aus und erklärt die eigene persönliche Situation. „Ich habe Techniken rausgesucht, die Yuliia Melnychenko im Zusammenspiel mit den Kindern gut anwenden kann“, so Domnik, „um damit über einen witzigen kindlichen Weg in die Kommunikation zu kommen.“
Kunstlehrerin und Kunsttherapeutin Yuliia Melnychenko kannte keine der in der Klinik angewendeten Übungen. Ihr Interesse an neuen Techniken und Materialien war daher sehr groß. Wie groß der Bedarf an therapeutischer Unterstützung ist, wurde am Tag der Ausstellungseröffnung in ihrem Vortrag mit Bildern und Erzählungen aus ihrem und dem Alltag der Kinder deutlich. Mit Verlust, Trauer, Kriegsgeräuschen, Flucht in Schutzbunker ohne Strom und in der Dunkelheit. „Es sind verlorene Jahre der Weiterentwicklung“, so Melnychenko. „Mit meiner Arbeit möchte ich bei den Kindern, so lange ich dies kann, positive Stimmung erzeugen. Farbe in eine Welt bringen, die schwarz-weiß geworden ist.“
Die Bilder der Kinder sind noch bis zum 31. Juli in der Universitätsbibliothek Bochum zu sehen: Farbe für eine graue Welt. Kunsttherapie mit traumatisierten Kindern in der Ukraine
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 8 Uhr bis 23 Uhr, Samstag und Sonntag von 10 Uhr bis 19 Uhr
Universitätsbibliothek Bochum: https://www.ub.ruhr-uni-bochum.de
Universitätsstraße 150, 44801 Bochum
Sergey Stekanov, E-Mail: ub-events@rub.de, Tel.: 0234 32-22219
Der Eintritt ist frei.