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KIDSDEM-Fachtag über ein Pilotprojekt, pädagogische Arbeit, Resilienz und Kinder psychisch erkrankter Eltern

Fachleute folgen Einladung zur Tagung an der Ruhr-Universität Bochum

Drei Einrichtungen, viel Expertise, eine gelungene Kooperation – so das Fazit eines gut besuchten Fachtags, zu dem das LWL-Universitätsklinikum Bochum, die Alzheimer-Gesellschaft Bochum und der Bochumer Kinder- und Jugendhilfeträger VINZENZ gGmbH in der vergangenen Woche (14.6.) eingeladen hatte. Im Fokus: KIDSDEM und die Kinder demenzerkrankter junger Eltern.

Dass ein erwachsener Mensch mittleren Alters bereits an einer Demenz erkranken kann, ist bekannt, doch dass er überdies Elternteil von noch jungen Heranwachsenden sein kann, wird noch nicht so lange mitgedacht. Diese Kinder und Jugendlichen verlieren nicht nur Vater oder Mutter an eine meist unheilbare Krankheit, sondern auch ihre Jugend, weil sie plötzlich erwachsene Aufgaben übernehmen müssen. Mit Start des Pilotprojekts im November 2021 hat KIDSDEM diesen Kindern erstmals eine Stimme gegeben.

Heike Weiß, Leiterin der Abteilung Pflege und Alter im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, und Antje Hofmann vom Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek), Vertreterin der Träger der Pflegeversicherungen in NRW, haben die Entwicklung von KIDSDEM in den vergangenen zwei Jahren begleitet. Gemeinsam mit Jens Vieting, Leiter des Amts für Soziales der Stadt Bochum, zeigten sie sich in ihren Grußworten unisono überzeugt von der Wirksamkeit dieses Kooperationsprojekts. Das Land NRW, die Landesverbände der Pflegekassen und der Verband der privaten Pflegekassen hatten das Projekt mit ingesamt rund 240.000 Euro gefördert.

Die Kinder psychisch erkrankter Eltern in den Blick zu nehmen und ihre besonderen und heiklen Lebensumstände zu verstehen, dafür warb Antje Arnolds, Nervenärztin und ehemalige Leiterin des Sozialpsychiatrischen und Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes im Kreis Mettmann, in ihrem Vortrag. Sie betonte, dass Kinder durchaus seelisch stabil aufwachsen können, auch wenn ein Elternteil psychisch erkranke. Und dass ein großer Teil dieser Kinder keine Auffälligkeiten zeige. Niederschwellige Prävention, Aufklärung und Unterstützung im sozialen Umfeld wären aber darüber hinaus unerlässlich.

Die Projektbeteiligten mit Barbara Crombach (Alzheimer Gesellschaft Bochum), Anna-Magdalena Schorling und Jana Weikamp (VINZENZ gGmbH) und Dr. Ute Brüne-Cohrs (LWL-Universitätsklinikum Bochum) berichteten von der Projektentwicklung, pädagogischen Arbeit und Ergebnissen. So zeigen die projektbegleitend erhobenen wissenschaftlichen Daten, dass die psychische Belastung der Jugendlichen nach der Projektphase deutlich geringer ist als zu Beginn. Weiterhin wurden Interviews der teilnehmenden Jugendlichen eingespielt, in denen die einhellige Meinung deutlich wurde, dass nicht nur der Austausch mit ebenfalls betroffenen Gleichaltrigen als äußerst hilfreich empfunden wurde. Besonderes Highlight: ein durch die Jugendlichen aufgenommenes Hörspiel „Mathildas Welt kippt“, welches erstmals öffentlich vorgestellt wurde.

Der Vortrag zu Perspektiven für Kinder und Jugendliche in demenzbetroffenen Familien von Juliane Tausch, Klinische Sozialarbeiterin und Kinderschutzfachkraft bei Der Paritätische Hamburg, sorgte zuguterletzt für einen positiven und akzentuierten Abschluss: „Das Leben der Kinder wird weitergehen – mit Stärkung und Resilienzförderung!“

KIDSDEM wird seinen vorläufigen Abschluss im Herbst 2024 haben. Über eine Fortführung und Verstetigung wird bereits nachgedacht.

Info-Kasten:

Laut der Deutschen Alzheimer Gesellschaft sind in Deutschland etwa 1,6 Millionen Menschen (2020) dementiell erkrankt. Von einer Demenz im jüngeren Alter zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr sind laut Zahlen der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft schätzungsweise 47.300 Menschen betroffen. In etwa jeder dritten von einer frühen Demenzerkrankung betroffenen Familie leben Kinder unter 18 Jahren. Die jungen Angehörigen erleben Vergesslichkeit, Aggressivität, Unruhe beim Vater oder bei der Mutter, oft für sie unvorhersehbar und unkalkulierbar. Sie erleben bei sich widersprüchliche Gefühle wie Wut, Angst, Trauer, Scham und Schuld. Sie müssen eigene Bedürfnisse zurückstellen, oft Verantwortung übernehmen, teils selbst in die Elternrolle schlüpfen. Ihre gesamte Lebensplanung ist in Frage gestellt.

Internet: https://www.kidsdem.de/

 

KIDSDEM-Ansprechpartner:innen:

Dr. Ute Brüne-Cohrs, E-Mail: u.bruene-cohrs@rub.de
Jan Hildebrand, E-Mail: info@vinzenz.org
Barbara Crombach/Jutta Meder, E-Mail: info@alzheimer-bochum.de

 

Bildzeile:

Erfolgreicher Abschluss des gemeinsamen KIDSDEM-Projekts (von links): Antje Hofmann (Verband der Ersatzkassen), Heike Weiß (NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales), Jutta Meder (Alzheimer Gesellschaft Bochum), Antje Arnolds (ehemalige Leiterin des Sozialpsychiatrischen und Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes im Kreis Mettmann), Barbara Crombach (Alzheimer Gesellschaft Bochum), Verena Wisner (NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales), Jana Weikamp und Anna-Magdalena Schorling (VINZENZ gGmbH), Jens Vieting (Stadt Bochum), Juliane Tausch (Der Paritätische Hamburg), Dr. Ute Brüne-Cohrs (LWL-Universitätsklinikum Bochum) und Jan Hildebrand (VINZENZ gGmbH). (Bildnachweis: LWL/Rosa Sommer)

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